26. Mai 2011

APUS WEG INS LEBEN - APU TRILOGIE

Pather Panchali (1955), Aparajito (1956), Apur Sansar (1959)

Satyajit Ray (Indien, 1955-1959)
Wie wohltuend ist es doch, die gewohnten Pfade zu verlassen und filmisches Neuland zu betreten. Diesmal weht die erfrischende Briese aus Indien; zugegeben ein schon recht alter Wind, um so mehr war die Zeit jetzt reif, sich endlich mit dem Werk von Satyajit Ray zu befassen, von dem selbst Kurosawa meinte, wenn man Rays Kino nicht kennt, wäre das ungefähr so, als würde man die Welt ohne Sonne und Mond betrachten.
In den drei Teilen wird die Geschichte von Apu erzählt, der mit seiner Familie in einem verarmten, bengalischen Dorf aufwächst, nach dem Tod seine Tante und seiner Schwester mit den Eltern in die Stadt zieht, wo (nach dem Tod des Vaters) in ihm der Wunsch heranwächst, etwas für seine Bildung zu tun und somit die nahe gelegene Schule zu besuchen. Später bekommt er sogar ein Stipendium und geht zum Studium nach Kalkutta, ganz gegen den Willen seiner Mutter, die mittlerweile ganz alleine lebt und ihren Sohn lieber im Beruf eines Priesters sehen würde. Im dritten Teil sieht man Apu als gereiften Mann, der sein Studium abgeschlossen hat, jedoch ohne Arbeit in einer Dachterrassenwohnung in Kalkutta lebt und schließlich sogar heiratet.
Was an Rays Erzählweise beeindruckt ist wie sehr der Aspekt von Verlust im Mittelpunkt steht und sich jede Handlung um diese tragischen Eckpfeiler herum windet. Zuerst die tragische Figur der uralten Tante; ungeliebt und verstoßen, die schließlich in den Wald geht, um dort zu sterben. Genauso wie der Teil, in dem von Apus Studienzeit erzählt wird, ohne dabei seine Leistungen in den Mittelpunkt zu rücken, sondern lieber den Blick auf seine Beziehung zu der vereinsamten Mutter zu lenken.
Ein Kino mit einer Extraportion Herz, das vielleicht im dritten Teil etwas an seiner Exotik einbüsst, zugunsten der noch viel deutlich ausgeprägten europäischen Einflüsse, die ohnehin schon mit ihrem starken Bezug zum italienischen Neorealismus die gesamte Trilogie prägen.
Eine große Erzählkunst, die den Komfort ihrer langen Spielzeit nutzt, um die Schönheit der narrativen Langsamkeit zu entdecken. Hier lernt man etwas übers Geschichtenerzählen, über das Kino selbst und vor allem über das traditionelle Indien.
Oder um Kurosawa zu ergänzen: Vielleicht sieht man hier nicht Sonne und Mond zum ersten Mal, aber auf jeden Fall von einem völlig neuen, exotischen Standort und aus einer lebensnahen und unberührten Perspektive.

Keine Kommentare: