13. April 2011

goEast 2011

06.04.11 - 12.04.11, Wiesbaden

Und schon wieder 1 Jahr um; fast beängstigend ist das, aber egal: denn schon wieder heißt es: Filme, Filme, noch mehr Filme. Große Leinwand, große Auswahl, große Verunsicherung, was man überhaupt sehen sollte. Schwerpunkt lag dieses Jahr auf dem tschechischen Animations- und Experimentalfilmer Jan Švankmajer.

Es ging los am Mittwoch Abend mit dem Eröffnungsfilm "Essential Killing" von Andrzej Zulawski. Der Pole setzt dort Vincent Gallo als afghanischen Flüchtling im sibirischen Wald aus und schaut zu was passiert, wenn Mensch zum Tier wird. Zwar kein filmisches Weltwunder aber fesselnd, stimmungsvoll und gekonnt umgesetzt. Guter Start für das Festival.

Mit der Wahl des zweiten Films sah es da nicht mehr so rosig aus. Der Titel "Der Heizer" (von Alexey Balabanov), sowie der kurze Einleitungstext im Programmheft machten neugierig, doch was anschließend zu sehen war, hatte nichts von der erhofften Groteske und dunklen Poesie, sondern mehr von einem ordinären, russischen Gangsterfilm, mit überstrapazierten Szenen und einem nervenaufreibenden Soundtrack.

Sonntag-Abend dann schließlich "Kopf - Hände - Herz" von dem Tschechen David Jařab, der sogar höchstpersönlich im Wiesbadener Caligari-Kino anwesend war, und vor der Vorführung noch paar Worte zu seinem Film und dem Vergleich zu Švankmajer sagen durfte. Sein düster geratener Film über okkulte Mächte in der Tschechoslowakei um 1914 ist schön, originell erzählt und bis ins kleinste Detail liebevoll ausgestattet. Visuell ein morbid-surrealer Rummelplatz.

Montag Abend dann ein Doublefeature mit Švankmajers "Alice" und Machulskis "Wiegenlied". Der erste war eine Švankmajer-typische Interpretation von Lewis Carrolls Klassiker; im Kern nahe an der Vorlage, jedoch losgelöst in vielen eigenen Einfällen. Hätte vielleicht auch etwas kompakter erzählt werden können, aber dennoch beeindruckend.

Direkt danach Juliusz Machulskis "Wiegenlied", sein neustes Werk. Schon vor einem Jahr kam sein Klassiker "Sexmission" auf dem goEast-Festival ziemlich gut an, doch bei dieser Vampirgeschichte merkt man, dass der Regisseur allmählich alt und kindisch zugleich wird. Es geht um eine Vampirfamilie, die sich in den polnischen Masuren niederlässt und die ahnungslosen Dorfbewohner auf die Speisekarte setzt. Einige nette Ideen retten den Film, wie die Figur des Vampir-Großvaters, der an Altersschwäche leidet, seine Beißzähne verliert und per Schlauch mit Blut versorgt werden muss. Insgesamt ist der Humor aber völlig durchsichtig und der Film letztendlich unnötig.

Der 6. und letzte Film beim diesjährigen Festival war für mich Švankmajers "Little Otik", eine vollkommen irre Geschichte, um ein kinderloses Ehepaar, das eine Baumwurzel als ihr eigenes Kind aufzieht. Das abstoßende Stück Holz entwickelt ein Eigenleben und muss permanent gefüttert werden; es ernährt sich jedoch auch von Haustieren und Menschenfleisch. Wie immer ein Mix aus Realfilm und Stop-Motion und wie immer bei Švankmajer etwas zu lang geraten, aber dennoch ein guter Festivalausklang und sowieso der Höhepunkt dieses Jahres.

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