19. März 2013

NACHTZUG NACH LISSABON

Bille August (Deutschland, Schweiz, Portugal, 2013)
Eine Schande eigentlich, den Dänen Bille August mit seinem schwedischen Kollegen Lasse Hallström zu verwechseln, wunderte mich deswegen wie August kurze Zeit nach "Lachsfischen im Jemen" schon den nächsten Film wie aus der Pistole geschossen auftischen konnte, nur um dann glücklicherweise festzustellen, dass jener "Lachs"-Film genauso wie "Chocolat" beides Hallström-Filme sind, und mit Bille August nichts zu tun haben.
Aber das ist nur eine belanglose Feststellung ganz nebenbei, die aber dennoch zurückdenken lässt, dass August bereits einige nennenswerten Filme vorzuweisen hat. Neben "Pelle der Eroberer" gab es vor allem den wunderbaren, auf Ingmar Bergmans Drehbuch basierenden "Die besten Absichten", später den kommerzielleren Ausflug mit "Das Geisterhaus", aber immer noch ein solider Film, durch den ich den großen Vincent Gallo kennenlernen durfte.
Nun also die Pascal Mercier-Verfilmung von "Nachtzug nach Lissabon", das Buch auch nie wirklich wahrgenommen, klingt aber alles nach endlosen Tränen, gepaart mit leicht spießiger Südländer-Romantik und nervenaufreibendem Krimi, den man gerne während der Bahnfahrt konsumiert.
Jeremy Irons spielt hier einen ausgelaugten Schweizer Professor, der auf dem Weg zur Arbeit einer sich von der Brücke stürzenden, jungen Frau im letzten Moment das Leben rettet und mit einem Buch aus ihrer Jackentasche konfrontiert wird, das zur entscheidenden Wende der Geschichte führt. Es handelt sich dabei um ein Buch über den portugiesischen Autor/Arzt Amadeu de Prado, der gegen die Diktatur in seiner Heimat kämpfte. Irons (bzw. Gregorius) ist von dieser Person dermaßen gefesselt, dass er seinen Alltagstrott augenblicklich hinter sich lässt, in den nächsten Zug steigt (die Fahrkarten lagen in dem Buch) und in Lissabon wegen der rätselhaften Figur zu recherchieren beginnt.
Dank dieser unglaubwürdig abenteuerlustigen Eigenart des Protagonisten, kann sich der Regisseur fortan in endlosen Zeitsprüngen austoben, dass dem Zuschauer Hören und Sagen vergeht. Der (ehemalige) Lehrer schnüffelt nämlich ausgiebig herum, begegnet Amadeu's alten Weggefährten (darunter Bruno Ganz, Charlotte Rampling, Lena Olin), lässt sie aber in diversen Rückblenden verjüngen (Melanie Laurent, August Diehl, usw.) und macht ihre Beziehung zu Amadeu immer deutlicher, wodurch der junge Revoluzzer als Figur immer greifbarer wird, was wiederum zur Selbstreflektion von Jeremy Irons Figur führen soll.
Und das könnte alles furchtbar schön und interessant sein, wirkt aber großteils zu prätentiös durch die Kombination der wehleidigen Musik in Verbindung mit den etwas schwülstigen Buchzitaten, die den Film aus dem Voice Over begleiten. Hinzu kommt noch der etwas fragwürdige Eingriff, dass sich alle Figuren trotz verschiedener Herkunft akzentlos in der gleichen Sprache miteinander unterhalten können; so was kennt man eher aus schlechten Cowboy/Indianer-Filmen.
Solide Arbeit, Herr August, aber schade, dass nicht mehr daraus geworden ist, als ein gut gemeinter, aber flüchtiger Zwischendurch-Film.

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