11. Februar 2013

LIFE OF PI: SCHIFFBRUCH MIT TIGER

Ang Lee (USA, 2012)
Dieses dick aufgeblasene Mensch/Tier-2D/3D-Märchen hat sich ja auch schon vor längerem auch noch dazwischengedrängt; sogar in einem Londoner Kino, ein zusätzliches neues Erlebnis, die Leinwände scheinen dort noch größer zu sein, demzufolge auch die Bilder, was sie nicht zwangsläufig besser macht, auch nicht durch eine stylische 3D-Brille auf der Nase, aber Ang Lees Verfilmung von Yann Martels Roman ist trotz seines stilistischen Größenwahnsinns und symbolisch/religiösem Überschwang tatsächlich wirklich unterhaltsam geraten.
Es ist zunächst die Geschichte IN einer Geschichte, denn die Rahmenhandlung bringt ein Buchautor (Rafe Spall) ins Rollen, der in Kanada den aus Indien stammenden Pi Patel aufsucht, um sich dessen unglaubliche Geschichte anzuhören, die er selbst anschließend in Buchform verarbeiten will.
Der alte Inder erzählt also, zunächst in farbenprächtigen Bilder von seiner malerischen Kindheit als Sohn eines Zoodirektors, und bevor der Bollywood'sche Kitsch Überhand nimmt, beginnt glücklicherweise der eigentliche Plot, nämlich der Umzug des Zoos mit sämtlichen Tieren auf dem Seeweg nach Kanada, wo die Familie ein neues Leben anfangen soll. Während der Überfahrt kommt jedoch ein monströser Sturm aufm der Frachter sinkt und unser junger Held rettet sich als einziger Überlebender in einem Rettungsboot. Seine Begleiter: ein verletztes Zebra, ein Orang-Utan und eine nervige Hyäne, von denen jedoch nicht all zu viel übrig bleibt, weil ein Tiger auch noch mit im Boot sitzt. Was folgt ist die Geschichte einer ganz außergewöhnlichen Freundschaft/Beziehung/Feindschaft, immer hin und her pendelnd zwischen Annäherungsversuchen und Distanzbewahrung, immer zwischen Hollywooddrama, Disney-Märchen und einer optischen Sterilität, auf die man sich aber getrost einlassen kann. Tricktechnisch setzt der Film sicherlich neue Maßstäbe, kann aber gleichzeitig als Vorbild dienen, um in kommender Zeit übertrumpft zu werden.
Ein Interessanter Fakt: Bei Recherche zum Film stoßt man sogar auf den guten alten Edgar Allan Poe, dessen "Der Bericht des Arthur Gordon Pym" großen Einfluss auf die Geschichte haben musste: Im Zentrum steht auch hier ein Schiffbruch, der Held nennt seinen Hund "Tiger" und einer der Überlebenden heißt Richard Parker, wie der Tiger in Ang Lees Film.
Und wenn ich mich als Zuschauer entscheiden soll (wie der junge Autor am Ende), welche Variante der Geschichte mir besser gefallen hat (die mit dem Tiger oder die mit der menschlichen Besatzung auf dem Rettungsboot), dann entscheide ich mich für die mit Edgar Allan Poe.

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