Federico Fellini (Italien, 1987)
Kann es etwas schöneres geben als die Erinnerung an „La Dolce Vita“ auferleben zu lassen, dazu Anita Ekberg einen Besuch abzustatten, die inzwischen die Ausstrahlung einer in die Jahre gekommenen Atombombe hat? „Sie sieht umwerfend aus, wie ein Gladiator.“ Wie Mastroianni selbst bemerkt. Dann die durch einen Zauber geschaffene Leinwand aus einem Lacken und die darauf projizierten, klassischen Dolce Vita-Szenen; unter diesen Verhältnissen noch effektiver als das Original.
Das ist aber nur ein kleiner Teil von Fellinis „Intervista“, seiner Liebeserklärung an seinen Weg zum Film, sein eigenes filmisches Schaffen, den Chaos und den Traum. Abgesehen davon viele Gesichter... Gesichter und noch mal Gesichter; das Individuum im Gewirr der Masse. Ein Portrait über das Entstehen eines Films; ein brüllender ewig unzufriedener Regisseur, falsche Bombendrohungen, Telefonfurze, der fehlende Faschist, ein mumienartiges Etwas auf dem Fahrrad und nicht zu vergessen am Ende der Angriff der Indianer mitten im regnerischen Cinecitta auf das Filmteam. Ein Film, im Film, im Film; laut und wild, aber dennoch nicht überladen. Und Mastroiannis Statement zur Selbstbefriedigung: „Eine Übung, die nicht nur die Konzentration steigert und die Vorstellungskraft anregt, sondern meiner Meinung nach auch einer eventuellen schriftstellerischen Begabung förderlich ist... ich zum Beispiel brachte es zu regelrechten Fortsetzungsromanen.“

Tornatore möchte jedes Mal ein Fellini sein, weiß aber anscheinend nicht, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist. Träumen kann er weiterhin davon, denn gerade diese Wunschvorstellung, das Fellineske zu erstreben, zeichnet seinen Film aus.
Eine Kriegszone nennt Tim Roth seinen Film; das ist eine Untertreibung, denn hier werden die ganz harten Geschütze ausgefahren. Kindermisshandlung, Vergewaltigung, Schmerz, Leiden und Selbstverstümmelung und alles so authentisch, dass mir schlecht wurde. Der alte Kriegsbunker, in dem sich die bestialischen Dinge abspielen und in dem sich unsere Protagonisten am Ende von der restlichen Welt abschirmen, umschließt in Wirklichkeit den gesamten Film. Es ist lediglich ein Bunker im Bunker, denn draußen ist es nicht viel angenehmer; angefangen bei dem Wetter, das mit seinem ewigen Wind die musikalische Untermalung minimalisiert. Zu Recht, denn das Pfeifen hat mehr Tiefe als jedes so mühevoll eingesetztes musikalisches Thema; auch wenn das dezente Klaviergeklimper einen zusätzlichen Beitrag zum seelisch-geistigen Tief eines jeden Zuschauers hat. Und sonst? Eine Vergewaltigung wie ich sie noch nie im Film gesehen habe, der Mord am Vater als Racheakt, dessen Messerstoß ich in meinem eigenen Bauch fühlte und überhaupt so widerlich kranke und perverse Charaktere. Aber sehr malerische Landschaftsaufnahmen; eine gespenstige Farbigkeit der tristen britischen Insel in wunderschönen Motiven eingefangen, vordergründig durch die einzelnen Bäume mit ihren dynamischen Neigungen, in dieser so leeren Gegend.